Wednesday, November 08, 2006

Bienenschwarm tanzt Stadtempfindungen
Tanzprojekt "still lives" in Bukarest aufgeführt / Von Robert Kaak

"Ich reise zwischen der Artikulation einer Idee und der Umsetzung mit dem Körper", sagt Isabelle Schad (Deutschland) über ihre künstlerische Arbeit als Tänzerin und Choreografin. Vom Ergebnis einer dieser Reisen konnte sich das Bu-karester Publikum vergangene Woche im Rahmen der Deutschen Tanztage während zweier Vorstellungen im Nationalen Tanzzentrum (Centrul National al Dansului) überzeugen. Gemeinsam mit ihren Kollegen Bruno Pocheron (Frankreich) sowie Manuel Pelmu{ (Rumänien) und Frédéric Gies (Frankreich) inszenierte die Künstlerin das Projekt "still lives", das bereits einmal in Bukarest, außerdem in Essen, Halle sowie in Lille aufgeführt wurde.

Körper und sozio-politischer Kontext der jeweiligen Stadt stehen im Focus der tänzerisch-performten Aufführung "still lives". Den audio-visuellen Rahmen bilden Interviews, die auf der Straße - in diesem Fall in Bukarest - geführt wurden und so fortwährend den "Menschen" in städtischem Erleben und vor urbanem Hintergrund präsent halten. In den Interviews befragte man Fußgänger zu einer Fotografie von Jeff Wall ("The Stumbling Block"), die ein paar Menschen auf dem Fußweg vor einem Glashochhaus zeigt - gehend, sitzend, hockend oder sogar liegend. Die Antworten wurden während der Darbietung als Schriftzeile auf einer Leinwand sowie über Lautsprecher eingespielt und ließen das Publikum mehr als einmal amüsiert schmunzeln.

Zwei Wochen lang hatten die Künstler vor der Aufführung mit einer Bukarester Laientanzgruppe vor Ort gearbeitet und mit den beiden Vorstellungen das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit präsentiert. Laien bedeutet nicht notwendig laienhaft, und so bescherte die hiesige Tanzgruppe dem Bukarester "still lives" einen eher erfrischenden Schuss improvisatorisch-tänzerischer Ursprünglichkeit, was zudem das Nebeneinander sowie die Verbindung der grundsätzlich spontanen Straßeninterviews und der choreografisch erarbeiteten Liveperformance erleichterte. Denn das laufende Band mit den Aussagen der Interviewten lieferte gleichzeitig den Kontrapunkt zur körperlichen Auseinandersetzung der Darsteller, die mal vereinzelt, doch meist zusammen auf der Bühne agierten (ca. 20). Wie ein Schwarm von Bienen waren oft ihre Bewegungen, nur vermeintlich unkoordiniert oder gar durcheinander. Fast unhörbare Zeichen ließen beeindruckende Formationen entstehen, die sich urplötzlich wieder zerschlugen, und damit war der Einzelne abermals sich selbst und seinen Ausdrucksweisen überlassen.

Als Zuschauer wurde es beinahe beängstigend, als die Gruppe der Darsteller plötzlich auf das Publikum zuströmte und in nur geringem Abstand verharrte. Doch zu Stadtempfindungen gehört auch Enge, Bedrohung und Angst. Und in diesen Momenten die Augen zu schließen, bedeutet ein Stück Erleben weniger - während "still lives" und in Bukarest.


[English translation soon to come]

(daily dose of stilllives)

2 Comments:

Blogger isabelle said...

hey sanda, where did you find this article and who wrote something about it in german in which newspaper?
nice!

11:28 AM  
Blogger TT said...

well, it's the Deutsche Zeitung für Rumänien; click the link I've posted...

4:21 AM  

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